Angst vor dem Chefsessel?

4 überraschende Wahrheiten für die Generationen der Millenials, GenY und GenZ (die deine Karriere blockieren)

Du arbeitest hart, lieferst exzellente Ergebnisse und dein Name fällt immer öfter, wenn es um die nächste Beförderung geht. Die Tür zum Chefsessel steht offen – doch statt vor Freude einen Luftsprung zu machen, zögerst du. Und da…, ein leiser Zweifel schleicht sich ein: Will ich das wirklich? Die zusätzliche Verantwortung, die endlosen Meetings, die ständige Erreichbarkeit? Und dann noch die Erwartungshaltungen…!

Wenn dir das bekannt vorkommt, bist du nicht allein. Dieses Zögern ist kein Zeichen von Faulheit oder mangelnder Ambition, sondern ein aktuell weitverbreitetes Phänomen. Eine aktuelle Deloitte-Studie* zeigt, dass nur 6 % der Generation Z eine Führungsposition als primäres Karriereziel ansehen. Es handelt sich also um einen systemischen Trend.

Die zentrale These dieses Artikels ist, dass dieses Zögern eine Form der Selbstsabotage sein kann – eine, die auf tiefgreifenden, aber oft missverstandenen Bedürfnissen beruht. Lass uns gemeinsam vier gängige Mythen über die Angst vor dem Chefsessel entlarven und die überraschenden Wahrheiten dahinter aufdecken.

1. Mythos: Du bist nicht ehrgeizig genug. Die Wahrheit: Du definierst Erfolg einfach neu.

Das traditionelle Karriereziel des „Eckbüros“ hat ausgedient. Für Millennials und die Generation Z geht es nicht mehr nur um Titel und Status. Sie streben nach dem, was man als das „Trifecta“ bezeichnet: eine Kombination aus 1) sinnvoller Arbeit, 2) finanzieller Sicherheit und 3) echtem Wohlbefinden. Das ist nicht nur eine persönliche Präferenz von wenigen; es ist eine große Verschiebung, die mittlerweile so massiv ist, dass sie weltweit in Unternehmen eine Krise in der Nachwuchsführungskräfte-Pipeline auslöst. Eine traditionelle Führungsrolle mit ihren typischen 60-Stunden-Wochen und dem ständigen Druck steht diesem Ideal oft direkt im Weg.

"The trifecta is flexibility, pay, and interest in work. And it’s very hard to get all three." (Das Trifecta besteht aus Flexibilität, Bezahlung und Interesse an der Arbeit. Und es ist sehr schwer, alle drei zu bekommen.)

Dein Zögern ist also keine mangelnde Ambition. Es ist eine Form der Zielsabotage der anderen Art: Denn Du lehnst nicht den als solchen Erfolg ab, sondern die veraltete Definition davon. Du triffst eine rationale Entscheidung gegen eine Aufstiegsmöglichkeit, weil das deine Lebensqualität sabotieren würde. Du schützt also, was dir wirklich wichtig ist und verzichtest bewusst auf die damit verbundenen Vorteile und Statussymbole.

2. Mythos: Du fürchtest die Verantwortung. - Die Wahrheit: Du fürchtest dich vor dem Scheitern ohne Mentor/Coach.

Das Vorurteil, junge Talente würden sich vor Verantwortung scheuen, ist meiner Meinung nach hartnäckig – und falsch. Das weiß ich auch aus meinen eigenen Gesprächen mit Menschen dieser Altersgruppe. Qualitative Interviews aus der FOM-Studie „Moderne Führungsstile…“ von Lisa Feierabend zeigen ein überraschendes Bild: Die Mehrheit der befragten Vertreter der Generation Z möchte Verantwortung übernehmen. Was sie jedoch wirklich fürchten, ist das Versagen („Versagensängste“), besonders wenn ihnen die Erfahrung und die richtige Unterstützung fehlen.

Diese Versagensangst wird durch die „Management-Lücke“ verstärkt, die viele junge Arbeitskräfte erleben. Sie sehen bei ihren Vorgesetzten eher Burnout als Erfüllung. Die generationenübergreifende Forschung von INSEAD (bereits aus dem Jahr 2017!) zeigt, dass 74 % der GenY-Führungskräfte in den USA Führungspositionen mit negativem Stress assoziieren. Wenn also die Vorbilder für Führung selbst ausgebrannt sind, warum sollte man in ihre Fußstapfen treten wollen? Das schafft einen Teufelskreis: Schlechte Erfahrungen mit dem Management reduzieren die Ambitionen auf eine eigene Führungsrolle, was wiederum den Pool an potenziellen zukünftigen Managern verkleinert. Ein Teufelskreis!

Du selbst wirst Dir Dein Zögern vermutlich jedoch als Selbstschutz zurecht rationalisieren. Sieht man genauer hin, dann ist aber eher eine klassische Variante von Selbstzweifeln oder dem berüchtigten Imposter-Syndrom. Aus Angst vor mangelnder Unterstützung sabotierst du unbewusst deine Chancen, anstatt proaktiv deine Bedürfnisse nach Mentoring oder Coaching und guter Führung für dich einzufordern.
Nein…, Du fürchtest Dich nicht vor der Verantwortung an sich, sondern vor der Aussicht, mit ihr alleingelassen zu werden! Ist es nicht so?

3. Mythos: Du hasst Hierarchien und klare Ansagen. - Die Wahrheit: Du sehnst dich nach echter Führung, nicht nach Chaos.

Ein weiterer populärer Mythos besagt, die junge Generation sei strukturfeindlich und lehne jede Form von Autorität ab. Doch auch hier zeichnen die Interviews der Feierabend-Studie ein gegenteiliges Bild: Die Befragten respektieren Autorität und wünschen sich eine klare Richtung von ihrer Führungskraft. Sie bevorzugen keinen Laissez-faire-Stil, sondern eine Führung, die eine professionelle Distanz wahrt und Struktur bietet. Kontrolle wird dabei nicht als negativ, sondern als wichtiger und geschätzter Teil der Arbeit angesehen.

Wie hängt das mit Selbstsabotage zusammen? Viele angehende Führungskräfte schrecken davor zurück, „der Boss“ zu sein, weil sie selbst keine autoritären Chefs mögen. Sie wollen auch nicht die Person sein, die unliebsame Entscheidungen trifft und klare Ansagen macht, weil sie damit ein Außenbild verbinden, das sie selbst nicht sind und denken, das dann „vorspielen zu müssen“.
Die Wahrheit ist jedoch: Ein Team erwartet und braucht klare Führung. Ein Mangel an Richtung führt zu Chaos, Frustration und letztendlich zum Scheitern – und sabotiert damit nicht nur den Erfolg des Teams, sondern auch deinen eigenen. Deine Abneigung gegen „schlechte“ Führung hält dich davon ab, „gute“ Führung zu praktizieren.

4. Mythos: Als "Digital Native" ist man sowieso immer erreichbar. - die Wahrheit: Du forderst eine radikale Trennung zum Selbstschutz.

Das Klischee des „Always-On“ Digital Native, der Beruf und Privatleben nahtlos verschmelzen lässt, könnte nicht weiter von der Realität entfernt sein. Die Interviews der FOM-Studie zeigen eine einstimmige Ablehnung der „Dauererreichbarkeit“. Es herrscht eine klare Präferenz für eine strikte Trennung von Berufs- und Privatleben – ein sogenannter „Work-Life-Cut“. (Was meiner Meinung nach bereits im überstrapazierten Versprechen der Work-Life-Balance enthalten ist.)

Dieses Bedürfnis ist kein Widerspruch zur digitalen Affinität, sondern ein bewusster Akt des Selbstschutzes, um den Stress und psychischen Druck der heutigen Arbeitswelt ausgleichen zu können. Der aktuell stattfindende Rückbau von Homeoffice-Optionen darf an dieser Stelle nicht mit dem Wunsch nach ständiger Verfügbarkeit verwechselt werden. Es geht einerseits um Flexibilität – nicht um die Auflösung von Grenzen, andererseits um klare Trennung von Arbeit und Freizeit.

Eine klare Grenzziehung – wie der „Work-Life-Cut“ ist keine Selbstsabotage, sondern eine hochentwickelte Anti-Selbstsabotage-Strategie. Sie ist eine Form der Selbstfürsorge und eine Stärke, die dich vor dem Burnout schützt, den du bei so vielen traditionellen Führungskräften beobachtest.
Wobei ich persönlich denke, dass auch die GenY und GenZ parat stehen, wenn es mal gilt, für die Firma einen Samstag zu opfern.

Fazit: Es geht nicht darum, ob du führst, sondern wie.

Die Angst vor dem Chefsessel ist selten eine Angst vor Erfolg oder Verantwortung! Sie ist vielmehr ein Symptom für einen Konflikt zwischen veralteten Führungsvorbildern (neudeutsch: „Role Models“) und deinen modernen Bedürfnissen nach Sinn, Wohlbefinden, echter Unterstützung und klaren Grenzen. Dein Zögern ist kein persönliches Versagen, sondern ein Navigationssystem, das dich vor einem Karriereweg warnt, der nicht zu dir passt.

Die eigentliche Frage ist also nicht, ob du führen willst, sondern wie!

Welche alten Definitionen von „Erfolg“ und „Führung“ sabotieren noch immer deinen Weg? Und was wäre möglich, wenn du eine Karriere nach deinen eigenen Regeln gestalten würdest?

Wenn Du Verantwortung nicht ablehnst, es Dir jedoch schwerfällt, auf diese Fragen Antworten oder auch deinen Weg zu finden, dann lade ich Dich zu einem kostenlosen Erstgespräch ein. Ich weiß aus vielen Coachings, dass die richtigen Antworten bereits in Dir vorhanden sind. Es braucht manchmal nur die richtigen Fragen und etwas Hilfe, um Deinen Karrierepfad den nötigen Impuls zu geben.

Ideen Impulse für diesen Blogbeitrag kamen von:

  • Cox, Valeria. „Why Millennials and Gen Z Don’t Want to Lead: The C-Suite Crisis Ahead“. Stanton Chase, August 2025.
  • Feierabend, Lisa. „Moderne Führungsstile und deren Übereinstimmung mit den Anforderungen der Generation Z unter Berücksichtigung von New-Work-Aspekten“. Arbeitspapiere der FOM, Nr. 85, Essen 2023.
  • Henrik Bresman, Vinika D. Rao von INSEAD: “What Generations X, Y and Z Want From Leadership”, April 2017

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