Warum Ihre besten Leute den Chefposten ablehnen
Der Schockmoment – Wenn Dein Top-Talent „Nein“ zur Beförderung sagt.
(und was das mit Dir zu tun hat)
5 überraschende Wahrheiten für die Generation Boomer und GenX
Stell Dir vor: Deine Marketingdirektorin, ein absolutes Top-Talent, lehnt die Beförderung zum Vice President ab. Der Grund? Sie hat keine Lust auf die damit verbundene 60-Stunden-Woche. Ein anderer Fall: Dein fähigster Finanzmanager verlässt die sichere Karriereleiter, um bei einem Startup für weniger Gehalt eine sinnstiftendere Arbeit anzunehmen. Du beobachtest diese Entscheidungen und fragst Dich, ob Du etwas Grundlegendes übersehen hast!
Sind das vereinzelte Launen einer anspruchsvollen Generation? Oder erleben wir gerade einen tiefgreifenden Wandel, den viele Führungsetagen noch nicht wahrhaben wollen? Aktuelle Analysen wie die von Stanton Chase zeichnen ein klares Bild und warnen vor einer „Führungskräfte-Pipeline-Krise“, die viele Unternehmen noch nicht sehen. Die vielversprechendsten Kandidaten für die Chefetagen von morgen sagen systematisch „Nein“ zu den traditionellen Karrierewegen.
Dieser Artikel enthüllt die fünf überraschendsten Wahrheiten hinter diesem Phänomen. Doch er ist mehr als nur eine Analyse über „die Jungen“. Er ist ein diagnostischer Spiegel, der Dir aufzeigt, was diese Entwicklung mit Deinen eigenen, vielleicht unbewussten, Führungsmustern und Mustern der Selbstsabotage zu tun hat.
1. Es ist keine fehlende Ambition, es ist eine neue Definition von Erfolg
Der größte Irrtum ist die Annahme, den nachrückenden Generationen fehle es an Ehrgeiz. Das Gegenteil ist der Fall. Millennials und die Generation Z definieren Erfolg nur völlig neu – und das aus strategischer Notwendigkeit. Wo frühere Generationen das Büro am Ende des Flurs, mit Vorzimmer als ultimativen Preis ansahen, strebt die neue Generation nach dem, was man als das „Trifecta“ bezeichnen kann: einer Kombination aus sinnstiftender Arbeit, finanzieller Sicherheit und echtem Wohlbefinden (Engl.: meaningful work, financial security, and genuine well-being).
Die finanzielle Sicherheit ist hier kein Luxus, sondern die Basis. Der von Stanton Chase zitierte Deloitte-Report zeigt, dass fast die Hälfte der Gen Z (48 %) und der Millennials (46 %) sich finanziell unsicher fühlt und über die Hälfte von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebt. In einer unsicheren Wirtschaft wird die Jagd nach einem hochdotierten, aber riskanten Führungsposten, der die eigene Gesundheit auszehrt, zu einem schlechten Geschäft.
Wie es ein Millennial in der Deloitte-Studie auf den Punkt brachte: „The trifecta is flexibility, pay, and interest in work. And it’s very hard to get all three.“
Was also spiegelt Dir diese neue Definition von Erfolg? Ist Dein Festhalten am sog. „Corner Office“ als ultimativem Preis vielleicht ein unbewusster Versuch, Deine eigenen, in der Vergangenheit gebrachten Opfer zu validieren? Indem Du an diesem alten Erfolgsbild klammern, sabotierst Du möglicherweise Deine Chance, eine Firmenkultur aufzubauen, die moderne Talente anzieht. Könnte es sein, dass sich ein Loslassen so anfühlen würde, als müsstest Du zugeben, dass der Preis, den Du selbst einmal nachgejagt bist, an Wert verloren hat? ^^
2. Dein eigener Burnout ist abschreckend: Niemand will so führen wie Du – und ausbrennen
Die heutigen jungen Talente sind scharfe Beobachter. Sie schauen auf ihre Vorgesetzten, um zu sehen, wohin ihre eigene Reise gehen könnte. Und was sehen sie dort? Statt inspirierender Souveränität und erfülltem Erfolg sehen sie vor allem eines: chronischen Stress und die Vorstufe zum Burnout. Das schreckt ab.
Die Daten sind alarmierend. Eine von Stanton Chase zitierte INSEAD-Studie zeigt, dass 74 % der Gen-Y-Fachkräfte in den USA Führungspositionen mit negativem Stress assoziieren. 58 % der Gen Z nennen Stress als Hauptgrund, warum Chefposten für sie unattraktiv sind. Parallel dazu stellt die FOM-Studie fest, dass das Burnout-Syndrom, hervorgerufen durch andauernden Stress und Überlastung1, generell zunimmt. Deine besten Leute sehen das Opfer, das Du bringst, und halten es nicht mehr für erstrebenswert.
Hier liegt eine versteckte und gleichzeitig tiefgreifende Form der Selbstsabotage vor, die Deine Nachfolgeplanung bzw. ihre Führungskräfte-Pipeline zerstört. Die Frage, die Du Dir stellen musst: „Ist Dein unermüdliches „Hustlen“ wirklich Engagement oder lediglich eine Vermeidungsstrategie, um der Angst auszuweichen, ohne den ständigen Kampf nicht wertvoll zu sein?“
Sei versichert: Dein Team sieht das! Egal wie gut Du das zu verstecken versuchst, und weigert sich klugerweise, dieses Muster zu erben. So sabotierst Du unbewusst Deine potentielle Nachfolge, indem Du einen Führungsstil vorlebst, der für potentielle Nachfolger fundamental untragbar ist. Welches Vorbild bist Du? Eines von ausgebrannter Pflichterfüllung oder eines von souveräner, energiegeladener Führung? Reflektiere Dich ehrlich!
3. Das Ende der „Work-Life-Balance“: Ihre Topleute fordern eine harte Trennung – aus Selbstschutz
Entgegen dem populären Trend des „Work-Life-Blending“, bei dem die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, fordert die Generation Z eine klare Trennung. Die FOM-Studie bezeichnet dieses Bedürfnis treffend als „Work-Life-Cut“ oder „Work-Life-Separation“. In den Interviews der Studie lehnten alle Befragten eine ständige Erreichbarkeit einstimmig ab, weil eben jene seelischen Druck und Stress auslöst.
Und nein, diese Haltung ist kein Zeichen für mangelndes Engagement. Es ist eine bewusste und intelligente Schutzmaßnahme. Es ist ein Akt des Selbstschutzes gegen die in den 1980er-Jahren im Konzept „New Work“ von Frithjof Bergmann beschriebenen „Armut der Begierde“ – eine Arbeit, die nur noch Mittel zum Zweck ist. In einer Zeit, in der psychische Erkrankungen wie Burnout zunehmen, ist der Wunsch nach Entschleunigung und klaren Grenzen ein Zeichen von mentaler Stärke.
Dieses Bedürfnis ist ein Spiegel für Deine eigenen Grenzen. Frage Dich: Ist Deine ständige Verfügbarkeit wirklich Hingabe? Oder vielleicht eine Form der unbewussten Selbstsabotage, die in der Angst wurzelt ist, dass Du als ersetzbar gelten könntest, wenn Du nicht „always on“ bist?
Dein „People Pleasing“ oder Dein Perfektionismus hindert Dich auf perfide Weise daran, ebenfalls gesunde Grenzen zu setzen. Damit brennst Du nicht nur sich selbst aus; Du schaffst eine Kultur, die genau die Talente abstößt, die den Selbstrespekt bereits meistern, den Du selbst vielleicht noch suchst.
4. Mythos „Verantwortungs-Scheu“ - Die Wahrheit: Sie wollen Ihre Aufgaben, aber nicht Deine veralteten Strukturen
Ein hartnäckiges Vorurteil besagt, die Generation Z scheue sich vor Verantwortung. Die Forschung widerlegt dies klar und deutlich. Die FOM-Studie kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: „Demnach wird der Generation Z Scheu vor Verantwortung […] zugesprochen. Dies konnte durch die Interviews jedoch nicht bestätigt werden.“ Im Gegenteil: Die Mehrheit der Befragten möchte Verantwortung übernehmen und kann sich sogar Personalverantwortung vorstellen.
Was junge Talente wirklich ablehnen, ist nicht die Verantwortung an sich, sondern die alten toxischen Rahmenbedingungen: starre Hierarchien, schlechte Managementerfahrungen und fehlende Unterstützung. Wie die von Stanton Chase zitierte Stanford-Forschung zeigt, bevorzugt die Gen Z kollaborative oder rotierende Führungsmodelle. Die FOM-Studie ergänzt, dass sie sich einen Mentor oder Coach an ihrer Seite wünschen und klare, sinnvolle Strukturen respektieren – aber keine sinnlosen Machtdemonstrationen und auch keine Role Models, die ein – in ihren Augen – falsches Bild von Erfolg vermitteln.
Dies ist keine Angst vor dem Erfolg, sondern die Angst vor einem auslaugenden und demotivierenden Weg dorthin. Genau hier spiegelt sich die Verantwortung jeder Führungskraft wider, ein Ökosystem für Wachstum zu schaffen. Deine Aufgabe ist es, Strukturen zu bauen, in denen Deine Talente wachsen können, anstatt auszubrennen. Ein Umfeld, das Verantwortung mit Unterstützung, Mentoring oder unterstützendem Coaching und psychologischer Sicherheit koppelt, wird die besten Köpfe nicht nur anziehen, sondern sie auch dazu inspirieren, Führungsrollen mit voller Überzeugung anzustreben.
5. Keinen Kumpel, sondern einen Coach: Die Sehnsucht nach klarer, empathischer Führung
Die letzte Wahrheit ist Ihre vielleicht größte Chance. Entgegen dem Klischee wünschen sich junge Talente keine führungslosen, komplett flachen Hierarchien, in denen Entscheidungen endlos diskutiert werden. Die Interviews der FOM-Studie zeigen eine klare Ablehnung gegenüber dem Modell „fehlender Entscheidungsträger“.
Der gewünschte Führungsstil ist klar definiert: Junge Talente sehnen sich nach einer Führungskraft, die Entscheidungen trifft, Struktur gibt und als Respektperson wahrgenommen wird. Gleichzeitig muss diese Person über hohe Empathie, „Beziehungswissen und emotionale Intelligenz“ verfügen. Und nein, sie suchen keinen Kumpel, sondern einen Coach und Mentor2. Eine von Stanton Chase hervorgehobene Deloitte-Studie belegt jedoch eine massive Lücke: Während 59 % der GenZ Manager als Coaches erwarten, geben nur 33 % an, dies tatsächlich zu erfahren. Hier gibt es also noch viel Potential für Entwicklung.
Jetzt kommen wir zum wichtigen Punkt: Der innere Widerstand, ein echter Coach oder guter Mentor zu werden, ist oft eine Form der Selbstsabotage! Er erlaubt Dir, dich hinter Aufgaben und Prozessen zu verstecken und die Verletzlichkeit echter Empathie zu vermeiden. Es geht nicht darum, der „beste Freund“ Deines Teams zu sein – denn das wäre reines People Pleasing. Es geht darum, eine klare, verlässliche und gleichzeitig menschliche Führungspersönlichkeit zu sein. Dies durchbricht nicht nur den Zyklus negativer Managementerfahrungen für Dein Team, sondern wirkt auch Deinem eigenen Imposter-Syndrom entgegen, indem es Dich zwingt, in Deine volle, authentische Kraft als wahrer Leader zu treten.
Abschluss: Keine Krise, sondern Deine größte Chance
Die Tatsache, dass Deine besten Leute traditionelle Chefposten ablehnen, ist keine Krise des Nachwuchses. Im Gegenteil, Du solltest es als eine direkte Einladung sehen, Führung neu zu denken – weg von überholten, falschen Statussymbolen, hin zu wirksamer Potenzialentfaltung. Es ist die größte Chance für Dich und Dein Unternehmen, um bessere, nachhaltigere und menschlichere Arbeitswelten zu schaffen.
Deine Toptalente sabotieren nicht ihre Karriere – sie weigern sich nur, Deine Muster der Selbstsabotage zu übernehmen. Die entscheidende Frage lautet also: Bist Du bereit, Deine eigene Definition von Erfolg zu überdenken, um die Führungskraft zu werden, der die Gewinner von morgen folgen wollen?
Die eigenen inneren Blockaden
Manchmal erkennt man die eigenen inneren Blockaden nicht, mit denen man sich selbst Steine in den Weg legt, denn es sind gelernte und früher einmal richtige Strategien. Selbst wenn man bereits erkannt hat, dass man etwas ändern möchte oder es bereits versucht und es einfach nicht funktionieren will. Hier kann ein kostenloses Erstgespräch mit mir für mehr Klarheit sorgen und Möglichkeiten aufzeigen.
In diesem Gespräch klären wir, wo Dein Problem liegt, ob wir arbeitstechnisch gut zueinander passen und wie es dann weitergehen kann.
Ideen Impulse für diesen Blogbeitrag kamen von:
- Mark Toner: “The Millennial Manager”, https://www.nafsa.org/ie-magazine/2025/2/4/millennial-manager
- Feierabend, Lisa: „Moderne Führungsstile und deren Übereinstimmung mit den Anforderungen der Generation Z unter Berücksichtigung von New-Work-Aspekten“. Arbeitspapiere der FOM, Nr. 85, Essen 2023.
- Stanton Chase: „Why Millennials and Gen Z Don’t Want to Lead: The C-Suite Crisis Ahead“, https://www.stantonchase.com/insights/blog/why-millennials-and-gen-z-dont-want-to-lead-the-c-suite-crisis-ahead
Fußnoten
1 „Burnout-Syndrom, hervorgerufen durch andauernden Stress und Überlastung“
Dazu habe ich, aufgrund eigener Erfahrung, eine differenzierte Sichtweise: Nicht jeder Stress ist schlecht, auch wenn die Arbeit phasenweise stressig erscheint. Nach meiner Erfahrung liegt der Grund für Burnout in dauerhafter Überlastung, gepaart mit fehlender Anerkennung. In so einer Situation strengt sich der Betroffene noch mehr an, um (endlich) Anerkennung für seine Aufopferung zu bekommen. Wird ihm die ersehnte Anerkennung wieder und wieder vorenthalten, so baut sich ein Teufelskreis auf.
2 „Coach und Mentor“
Meiner Meinung nach müsste es „Coach ODER Mentor“ heißen. Denn beide verfolgen ganz unterschiedliche Ziele. Ein Mentor hat immer auch Eigeninteressen. Er wird seinen Mentee als eine Art Nachfolger betrachten und ihm seine Werte mit auf den Weg geben. Genau hier liegt eine weitere Falle für aktuelle Boomer und GenX Führungskräfte.
Ein Coach hingegen sieht sich mehr als Trainer, als jemand, der die wahren persönlichen Stärken aus seinen Talenten herausholt und diese gezielt fördert – ganz ohne Eigeneinteresse.